Seuchenberichterstattung – historisch

| Donnerstag, 2. September, 2021 |

Als sich zu Beginn des Jahres 2020 das Corona-Virus in Deutschland (und der ganzen Welt) ausbreitete, wurde dies rasch zu einem beherrschenden Thema der gesellschaftlichen Kommunikation und auch der Massenmedien. Nicht überraschend, dass sich schon bald die Medienforschung (mit Kritik) zu Wort meldete. Man konstatierte geradezu einen „Overkill“, ein Übersoll. Wie in anderen Fällen, so wüsste man gern auch in diesem, wie die Medien früher mit einem solchen Thema umgegangen sind. Leider gibt es dazu bisher nur wenig Forschung.

Dies hat Jürgen Wilke zum Anlass genommen für eine Studie, wie in der Zeitungspresse, sowohl der englischen als auch der deutschen, über die Große Londoner Pest von 1665/66 berichtet wurde. Sie war die erste, die in periodischen Blättern fortlaufend in dem noch jungen Druckmedium ihren Niederschlag finden konnte. Die Untersuchung zeigt viele Ähnlichkeiten zu heute, beispielweise den Vorrang der Opferstatistik, die Eindämmungsversuche und den Einsatz pharmazeutischer und karitativer Mittel im Kampf gegen die Epidemie. Andererseits waren die „Medienkapazität“ noch viel geringer und die amtliche Einflussnahme auf die Öffentlichkeit größer. Verblüffend ist, dass in den deutschen Zeitungen z.T. ausführlicher und drastischer über die Londoner Pest berichtet wurde als in den englischen.

„Inzwischen helt das Sterben hiesiger Orthen noch stark an…“ Die Große Londoner Pest 1965/66 in der englischen und deutschen Zeitungspresse. In: Gutenberg-Jahrbuch 2021. Wiesbaden: Harrassowitz 2021, S. 187-20.